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3. Peter Mitterhofer

Die revolutionäre Veränderung, die Gutenberg mit der Erfindung der Buchdruckerkunst auf die Schrift ausübte, sollte Mitte des 19. Jahrhunderts eine Fortsetzung finden. 

Ein Handwerker aus Partschins spielte dabei eine nicht unbedeutende Rolle. Die Rede ist vom Tischlermeister und Zimmermann Peter Mitterhofer, der als Schreibmaschinenerfinder in die Geschichte eingegangen ist. Wenn Sie den Kubus durchschreiten, sehen Sie zu Ihrer Linken eine Abbildung des Sagschneiderhauses, wo Mitterhofer 1822 geboren wurde. Die Sägemühle, die Mitterhofers Vater von der Gemeinde in Pacht hatte, wurde 1896 abgerissen, um Platz für eine Schleuse zu machen, mittels welcher die Elektrizitätswerke von Meran und Bozen Wasser zur Stromerzeugung ableiteten. Als Sohn eines Tischlers, er war das erste von neun Kindern, wurde ihm das Handwerk seines Vaters schon von Kindesbeinen an in den Schoß gelegt, so dass er nach dem sehr erfolgreichen Schulbesuch in Partschins bei ihm in die Lehre ging. Später bereiste Peter als Wandergeselle, nach alter Tradition die verschiedensten Länder Europas. Österreich, Deutschland, die Schweiz, Frankreich, und sogar die Balkanländer soll er auf der „Walz“ durchquert haben.

Reich an Erfahrungen kam Mitterhofer schließlich in seine Heimat zurück, um sich dort als selbständiger Handwerker seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Im „Zimmerhaus“ am Westende des Dorfes, wo er sich mit Marie Steidl, die er im Alter von 40 Jahren ehelicht, niederlässt, richtet er sich seine Werkstatt ein, wo er unermüdlich bis zu seinem Tod arbeitet und seine Schreibmaschinenmodelle konstruiert. Wie kommt nun ein Tischler dazu, eine Schreibmaschine zu erfinden? Diese Frage führt uns zu Mitterhofer, dem Musiker, Geschichtenerzähler und Unterhalter. Er war ein Lebenskünstler, der es liebte, die Kinder mit  seinen selbstgedichteten Versen, und mit seinen selbstgebauten Musikinstrumenten zu unterhalten. 

Eines seiner Musikinstrumente, so vermutet man, hat Mitterhofer schließlich auf die Idee der Schreibmaschine gebracht. Das sogenannte „Hölzerne Glachter“, eine Art Xylophon, das dem Lachen ähnliche Töne erzeugte, besaß bereits die technischen Merkmale, die später - in anderer  Form - die Schreibmaschine kennzeichnen. Hämmerchen, die auf Holzplättchen aufschlugen, um einen Ton zu erzeugen, dienten als Vorgabe für die Typenhebel, die gegen Papier schlagend, einen aufgedruckten Buchstaben erzeugten.

Je beliebter Mitterhofer bei den Kindern war, desto mehr hatte er Probleme mit den Erwachsenen, die ihn als Narr betrachteten. Die Erfindung der Schreibmaschine hat diese Ansicht sicherlich eher verstärkt als vermindert.

Mitterhofer konstruiert zwischen 1864 und 1869, mit Hilfe von einfachstem Werkzeug,  5 Schreibmaschinenmodelle, zuerst vorwiegend aus Holz und mit Stechschriftbuchstaben und später vermehrt aus Metall und Metalltypen. 1864, kurz nach seiner Vermählung mit der Zimmermannstochter Marie Steidl, konstruiert Mitterhofer die 1. Schreibmaschine, von der sie hier einen Nachbau sehen. Das Original steht heute im Technischen Museum in Wien. Getreu seinem Beruf als Tischler verwendet er dazu vorwiegend Holz, nur Typenkorb und Typenhebel sind aus Metall. Die Buchstaben werden noch nicht in Farbe gedruckt, sondern mit an den Typenhebeln befestigten Nadelspitzen durch das Papier gestochen, wodurch ein ähnlicher Effekt wie bei der Blindenschrift entsteht. Auch beim nächsten, dem 2. seiner insgesamt 5 Schreibmaschinenmodelle, verwendet Mitterhofer Stechschriftbuchstaben. Das Dresdner Modell - so genannt nach seinem Aufbewahrungsort - hat noch andere Ähnlichkeiten mit dem 1. Modell, so z.B. der auf dem Typenkorb aufgesetzte Holzrahmen zum Einspannen des Papiers, der hier noch die Walze ersetzt. Beim 1. Modell ist dieser Holzrahmen nicht mehr vorhanden. Die Walze verwendet Mitterhofer ab dem 3. Modell, wo auch die Stechschriftbuchstaben von richtigen Metalltypen ersetzt werden. Ein eingeschwärzter Borstenkranz, den die Typen beim Aufschlagen streifen, sorgt für die Einfärbung der Buchstaben, die nun Schwarz auf Weiß auf dem Papier erscheinen. Das Modell selbst ist heute verschollen und kann nur aufgrund von Beschreibungen des Erfinders und der dazu gehörenden, hier ausgestellten Transportkiste rekonstruiert werden. Neben einem weiteren Versuchsmodell - Modell Meran genannt und im dortigen Stadtmuseum zu besichtigen - konstruiert Mitterhofer sein Meisterwerk, das der serienmäßigen Herstellung als Prototyp dienen sollte. Mitterhofer geht damit, gleich wie bereits 3 Jahre vorher mit dem heute verschollenen Modell nach Wien, wo er seine Erfindung Kaiser Franz Joseph I. präsentiert und auf dessen Unterstützung hofft. In seinem Gesuch an den Kaiser bittet er „um allergnädigste Besichtigung seines neu erfundenen Schreibapparates und um Betheiligung mit einer kleinen Subvention aus Staatsmitteln zur Durchführung seiner Erfindung.“ Leider erkennen die kaiserlichen Gutachter nicht den Wert seiner genialen Erfindung, womit diese ungenutzt blieb. Vom Sog der damals politisch unruhigen Zeit verschlungen, hat Österreich das enorme Potenzial Mitterhofers, der seiner Zeit weit voraus war, nicht erkannt und somit die europäische, vielleicht sogar weltweite Premiere der serienmäßigen Schreibmaschinenproduktion verpasst.  

Die Innsbrucker Nachrichten berichten über die Erfindung Mitterhofers im Dezember 1867: Peter Mitterhofer aus Partschins,  ein schlichter Zimmermann,  hat eine Schreibmaschine erfunden. Jetzt fehlt nur noch eine Denkmaschine, die mit der Schreibmaschine in Verbindung gebracht werden kann, und wir haben keine Schulen mehr nötig!

Dem genialen Erfinder blieb so der Ruhm versagt, und 1893 starb er einsam, im Alter von 71 Jahren. Besuchen Sie sein Grab im Pfarrfriedhof nebenan. Der Grabstein, erst 30 Jahre nach seinem Tod errichtet, wurde von einem der ersten Mitterhofer-Forscher, dem österreichischen Professor Granichstaedten-Czerva, in Auftrag gegeben. Er weist den Spruch auf: „Die Andern, die von ihm lernten, durften die Früchte seines Talentes ernten“. 

Im Diorama Peter Mitterhofer sehen Sie verschiedene Originalstücke aus seiner Werkstatt: seine Hobelbank, darauf der Blasbalg und der Amboss mit den dazugehörenden Schmiedewerkzeugen. Mitterhofer ist zum Schmieden häufig in die Dorfschmiede gegangen, die Sie auf dem Foto sehen können.  Später, als er seine Schreibmaschinenmodelle größtenteils aus Metall  anfertigt, richtet sich der Erfinder seine Tischlerwerkstatt schmiedegerecht ein.   Sehen Sie weiters die Tragkraxe mit der Transporttruhe, die er eigens für seinen Fußmarsch nach Wien anfertigte, um die Schreibmaschine zum Kaiser zu bringen. Sie sehen außerdem, links, außerhalb vom Diorama, den Nachbau einer Waschmaschine, die der geniale Erfinder und Bastler angefertigt hat, nachdem seine Frau erkrankte und bettlägerig wurde, sodass er den gesamten Haushalt alleine bewältigen musste.


3. Peter Mitterhofer

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